Impuls aus der Frühschicht im Advent am Theodor-Fliedner-Gymnasium

Es klingelt an der Tür. Elisabeth schaut hoch. Erst will sie nicht aufmachen, denn sie trägt ja nur ihren Morgenmantel … Aber dann geht sie doch. Vielleicht ist es der Postmann. Sie öffnet die Tür und Jesus steht da. »Hallo«, sagt er, »ich bin’s.« Er sieht ein bisschen verlegen aus. »Oh.« Mehr fällt Elisabeth nicht ein. »Aber«, stammelt sie, »es ist doch noch gar nicht Weihnachten.« »Ich bin inkognito hier. Mir geht der Rummel auf die Nerven. Die ganzen Lieder. Die Kerzen. Überall ›Stille Nacht‹. Ich muss mal verschnaufen. Darf ich reinkommen?«

(Susanne Niemeyer)1

Haben Sie sich in der Geschichte von Susanne Niemeyer wiedererkannt? Obwohl Ihr Name nicht Elisabeth ist? – Dann steckt in Ihnen vielleicht mehr Elisabeth als Sie denken. Der Name Elisabeth ist hier nämlich von ganz entscheidender Bedeutung. Er kommt aus dem Hebräischen und heißt „Mein Gott ist Sieben“.

 אֱﬥִישֶׁבַע

(eli-schewa)

Elisabeth, d.h. „Mein Gott ist Sieben.“ – Komischer Name und leicht misszuverstehen. Etwa im Sinne von „Mein Gott ist sieben Jahre alt“ oder „Die Zahl sieben ist mein Gott“. Das heißt es natürlich alles nicht. Die sieben ist symbolisch gemeint. Das heißt: Mein Gott, das sind die sieben Tage der Schöpfung. Mein Gott, das ist die Fülle all dessen, was existiert. Die Fülle all dessen, was er aus dem Nichts ins Dasein gerufen hat. Die Fülle seiner Werke in den sechs Tagen der Schöpfung.

Moment mal. „Mein Gott ist Sieben“ und nicht sechs. Was die Schöpfung Gottes vollendet, ist der siebte Tag. Der Sabbat, der Ruhetag. Die Fülle Gottes besteht in der Ruhe. Hier liegt Gottes Kraft. Deshalb ist die sieben wichtiger als eins bis sechs. Deshalb ist die Ruhe folgenreicher als die Arbeit und die Muße kraftvoller als die Mühe. Deshalb brauchen wir den siebten Tag. – Den Ruhetag. Die Muße. Die Stille. – Wir brauchen sie immer wieder. Gerade auch jetzt vor Weihnachten. Gerade im Advent.

Elisabeth, d.h. „Mein Gott ist Sieben.“ – Gott will bei uns wohnen. Klingeln. Eintreten in die Hast und in die Unruhe unserer Seele. Einziehen in das Drunter und Drüber unserer Weihnachtsvorbereitung. Einkehren in den Unfrieden und in die Zerrissenheit dieser Welt.

Elisabeth, d.h. „Mein Gott ist Sieben.“ – Gott kommt, um bei uns zu wohnen. Klingelt nicht nur am siebten Tag, sondern an allen sieben. Machen wir es wie Elisabeth. Lassen wir ihn ein.