Von São Simão nach Ponte de Lima (16,5 km)

Ohropax ist die Macht. Diese Nacht bin ich auf 5 Stunden und 6 Minuten Schlaf gekommen. Dass nachts eine der Katzen in die Hütte gekommen ist, habe ich erst mitbekommen, als sie im stockdunklen Flur an meinem Bein geleckt hat, während ich auf dem Weg zur Toilette war.

Nach einem kurzen Frühstück gegen 6:00 Uhr, sind Jan und ich diesmal zusammen auf die Etappe gegangen. Der Weg war schön und abwechslungsreich. Das Laufen fiel mir heute leicht und die Aufmerksamkeit bewegte sich so langsam vom Schmerzempfinden weg auf die Wahrnehmung der Umgebung.

Für das Morgengebet habe ich mir heute einen Trinkbrunnen ausgesucht. Dadurch, dass ich mit Jan zusammen unterwegs war, bin ich zum ersten Mal bei einer Gebetszeit nicht alleine gewesen und Jan hat an meinem Morgengebet teilgenommen. Eine schöne Erfahrung.

Durch die relativ kurze Etappe waren wir heute vor der Mittagshitze am Ziel. Insgesamt machen mir die Hitze und das viele Schwitzen beim Laufen kreislaufmäßig doch zunehmend zu schaffen. Ich bin deshalb heute in Ponte de Lima in die Apotheke gegangen, um Elektrolytpulver zu besorgen. Ich trinke zwar für meine Verhältnisse unermesslich viel Wasser, aber dadurch werden wohl Mineralien und Salze ausgespült. Während ich noch überlegt habe, wie ich mich der Apothekerin verständlich machen kann, spricht mich ein Portugiese an. Er zeigt mir auf seinem Handy Fotos von seinem Caminho im vergangenen Jahr. Sein Kollege, der mit in der Schlange steht, erweist sich als deutschsprachig. Er hat für mich mit der Apothekerin gesprochen, so dass ich nicht nur das gewünschte Mittel bekommen habe, sondern gleich auch noch ein paar hilfreiche Tipps.

Da die Herberge erst um 16:00 Uhr öffnete, hatten wir fast vier Stunden Zeit, um uns am Ufer des Flusses Lima zu entspannen. Dabei habe ich auch den Soundtrack von Jens weitergehört. Beinahe jeder Titel enthält Gedanken und Fragen, die mir in den letzten Tagen gekommen sind.

Jan und ich hatten uns gerade überlegt, dass wir in die Stadt gehen und etwas zu essen kaufen könnten, da fragt uns die portugiesische Familie, die in der Nähe Picknick gemacht hat, ob wir kaltes Wasser möchten. Das haben wir dankbar angenommen. Plötzlich stand jemand mit Brötchen und Schinken da. Dann kam jemand mit einem Stück Pastete, mit Fisch und mit Früchten. Ehe wir uns versahen, war da ein ganzes Büfett für uns, zudem wir auch noch jeder eine Flasche kaltes Bier bekommen haben. Es war einfach unglaublich. Mir kamen gleich Fernandas Worte in den Sinn:

„That’s the Caminho!“

Als wir zur Öffentlichen Herberge von Ponte de Lima zurück kamen, standen dort bestimmt schon 40 Rucksäcke in der Schlange. Wir haben aber einen Platz bekommen, geduscht, Wäsche gewaschen und Tagebuch geschrieben. Es hat sich schon eine gewisse Routine eingestellt. Auch, was am Abend vorzubereiten ist, um morgens noch im Dunklen möglichst leise aufstehen und losgehen zu können, hat sich eingespielt.

Gleich geht es noch zum Einkaufen und zum Essen. Morgen steht eine „Bergetappe“ auf dem Programm, von der alle mit höchstem Respekt reden. Ich bin gespannt.

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