Von Hochfügen nach Mayrhofen (24km, 3142 Höhenmeter)

Als ich heute Morgen um 8:00 Uhr gestartet bin, war schon vom Hotel aus zu erkennen, dass es hinauf in die Wolken gehen würde.

Tatsächlich nahm der Nebel immer weiter zu, bis die Sicht unter 50 m betrug. Wanderer, die mir entgegen kamen, habe ich zwar schon früh gehört, sehen konnte ich sie aber erst, wenn ihre Silhouetten keine 20 m vor mir aus dem Nebel auftauchten.

So bin zum Sidanjoch auf 2127 Metern aufgestiegen und habe von den Bergen rein gar nichts gesehen. Das war schon sehr enttäuschend. Gerade für die beiden Etappen über 2000 Metern heute und morgen ist das Wetter denkbar schlecht. Immerhin konnte ich bei 12 Grad Celsius meine neue Jacke und den Multifunktionsschal testen. Funktioniert.

An der Rastkogelhütte habe ich kurz Pause gemacht und die Wirtin gefragt, ob die Sicht wohl noch besser wird. „Wenn die Wolken noch hinaufziehen“, hat sie gesagt, „dann wird es regnen“. Also bin ich den Weg zum Melchboden, der eigentlich durch ein atemberaubendes Alpen-Panorama führen sollte, durch eine in mystisches Licht getauchte Nebellandschaft gelaufen. Es fehlte nur noch, dass die schwarzen Reiter aus dem Nebel auftauchten, um nach dem einen Ring zu suchen.

Am Melchboden habe ich Kaffee getrunken und zugesehen, wie wenigstens die Spitzen der Berge aus dem Nebel traten. Was den angepriesenen Blick ins Zillertal angeht, auch hier totale Fehlanzeige.

Da bleibt nur eins: den Tag mit einer sportlichen Leistung krönen.

Den Abschluss bildet ein sportlicher Abstieg nach Mayrhofen – falls sie sich nicht dazu entschließen, (…) den Bus zu nehmen.

(Ulrike Gaube: Tegernsee – Sterzing über die Alpen in 8 Etappen, Welver 2019, S. 87)

Den Euphemismus „sportlich“ kennen wir ja schon von den Aufstiegen, aber Busfahren kommt natürlich gar nicht in Frage. Nun, was soll ich sagen, was für Aufstiege gilt, gilt für Abstiege erst recht. Vor allem, wenn es sich um einen Abstieg von 1400 Höhenmetern handelt. Da auch hier die Umgebung komplett im Nebel liegt, kann ich mich ganz auf den steilen Weg konzentrieren.

Bei Hochschwendberg bin ich plötzlich doch unterhalb der Wolken, aber immer noch ganz schön weit oben. Ich beschließe daher um 15:00 Uhr erst mal Pause zu machen und schon zu Mittag zu essen. Lifelong learning bedeutet doch sicher auch, sich auf neue Situationen neu einzustellen. Ok, ich könnte auch einfach sagen: was kümmert mich mein Geschwätz von gestern.

Nach dem Essen mache ich mich gut gelaunt an den Rest der Etappe. Ungelogen, heute Morgen nach dem aufwachen habe ich mich noch darüber gewundert, dass ich bisher so gut wie keine der Probleme (Knie, rechter Fuß) hatte, mit denen ich auf dem Jakobsweg gekämpft habe. Das ist jetzt anders. Die letzten Kilometer sind aber doch ganz schön anstrengend. Aber hey, wer fährt schon mit dem Bus…

Im Siegelerhof ist niemand zu finden, die Zimmerschlüssel und die Anmeldeformulare liegen aber auf der Theke. Das ist mir nur recht. Schnell duschen und ausruhen. Leider hat nicht nur die Rezeption, sondern auch die Bar heute Ruhetag. Schade, kein Bier. So verbringe ich den Abend auf dem Zimmer, denn draußen regnet es mittlerweile in Strömen und es gewittert. Hoffentlich ist das Wetter morgen besser, wenn es nach Italien und damit über den Hauptkamm der Alpen geht.

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