Im Rhythmus der Tagzeiten. Vier Tage im Kloster Kirchberg

Tag 1 – Laudes

07:45 Uhr. Zur Zeit, in der im Kloster Kirchberg die Laudes gebetet wird, mache ich mich auf zum Duisburger Hauptbahnhof. Ich habe entschieden, mit dem Zug nach Sulz am Neckar zu fahren und nicht mit dem Auto. Denn die Strecke ist lang und ich habe, die Hoffnung, im Zug noch die E-Mails vom Wochenende und dem Wochenstart abarbeiten zu können, bevor dann im Kloster wieder Digital Detox angesagt ist und ich eine Woche ohne WLAN und mobile Daten sein werde.

Die Fahrt hat überraschend problemlos funktioniert, wobei doch auch eine Menge Glück zum Gelingen beigetragen hat. Der Regionalexpress nach Köln hatte Verspätung, wobei sich später herausstellte, dass der ICE in Köln mit diesem Zug nicht zu erreichen war. Vorsichtshalber hatte ich in Duisburg schon eine Alternative gesucht, die in einem ICE bestand, der – nur heute außerplanmäßig – auch in Duisburg hält und bis nach Stuttgart durchfährt. So musste ich nicht nur einmal weniger umsteigen, sondern habe auch alle Anschlüsse problemlos bekommen.

Das Kloster oben auf dem Hügel erreiche ich mit dem Taxi. Zu dieser Zeit fährt kein Bus dorthin. Es ist kalt und diesig. Nicht das perfekte Wetter für die tolle Gegend, wie mir der Taxifahrer bereits gesagt hat. Die Klosteranlage gefällt mir dennoch auf Anhieb. Und das Wetter wird auch bessern. Aus dem Fenster meines Zimmers unter dem Dach kann ich auf den Kreuzgang sehen und auf die Hügel am Horizont. Das Zimmer ist einfach, aber hell und sauber eingerichtet. Einzig ein Brummen stört die Stille. Seinen Ursprung konnte ich noch nicht ausmachen. Ich überlege, ob ich um ein anderes Zimmer bitten solle. Oder ist es vielleicht die Aufgabe, mich mit diesem Geräusch zu arrangieren?  Es wahrzunehmen, ohne es zu bewerten? Etwa gegen 15:00 Uhr hört das Geräusch auf. Auch gut. Auf diese geistige Übung kann ich dann doch ganz gut verzichten.

Jetzt muss ich erst einmal überlegen, wie ich die Zeit hier gestalten möchte. Ich habe bewusst kein Kursangebot gebucht. Ich möchte beten und arbeiten. Ora et Labora. Arbeiten heißt hier jetzt vor allem Lesen. All die Berichte, Handreichungen und Stellungnahmen, zu denen ich in den zurückliegenden zwölf Monaten nicht gekommen bin, weil sie nicht dringend zu lesen waren und nicht ganz so wichtig. Trotzdem sind da viele spannende Texte dabei. Dann möchte ich auch wieder Exerzitien in Form geistlicher Schriftlesung machen. Ich habe ein Exerzitienbuch gefunden, mit dem ich arbeiten möchte. Außerdem habe ich noch ein kleines exegetisches Projekt dabei und einige Bücher, die ich gerne lesen möchte. Für die Labora, Arbeit, ist also reichlich gesorgt.

Für die Ora, das Gebet, sorgt das Kloster. Den Rhythmus geben die Tagzeiten vor:

  • 07:45 Uhr Laudes / Morgengebet
  • 12:00 Uhr Sext / Mittagsgebet
  • 18:00 Uhr Vesper / Abendgebet
  • 21:00 Uhr Komplet / Nachtgebet

Die gemeinsamen Mahlzeiten reihen sich da ein. Die Zeit dazwischen gehört mir und den Büchern. Ich freue mich!

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