Klarheit – Ordnung– Stille. Fünf Tage im Kloster Maria Laach

Tag 1: Stille

Heute bin ich angekommen. Nachdem ich am Vormittag noch dienstliche Termine hatte, beginnt meine Fortbildungswoche gegen halb zwölf mit der Fahrt in die Eifel. Ich bin trotz allem noch etwas zu früh dran. Einchecken im Gästeflügel der Benediktinerabtei Maria Laach ist erst ab 14:30 Uhr möglich. Alles hat hier seine Zeit. Nichts beginnt früher, nichts später.

Also mache ich Rast. Burger King auf der Autobahn. Mittagessen mit Fast Foot. Dabei ein letzter Blick in die E-Mails und ins Internet. Rücktritt von Annette Kurschus als Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen. Diverse E-Mails mit Rückmeldungen oder Anfragen. Ein paar beantworte ich noch, dann ist Schluss. Die Woche im Kloster soll auch ein Versuch in Digital Detox – in digitaler Entgiftung – werden.

Die Lage des Klosters hilft dabei. Kaum kommt der Laacher See in den Blick, ist kein digitales Datennetz mehr verfügbar. Vorsichtshalber schalte ich die mobilen Daten und das WLAN dann aber doch noch ganz aus. Ab jetzt bin ich – wenn überhaupt – nur noch durch einen klassischen Anruf auf dem Handy erreichbar. 

Der Prior, Pater Petrus Nowack OSB, steht selbst an der Klosterpforte und begrüßt die Gäste. Es gibt keine Formalitäten. Ein Schlüssel und eine Zimmernummer. Ein kurzer Hinweis zum Essen. Dann bin ich allein. Ich suche das Zimmer mit der Nummer 8 im Gästeflügel. Gar nicht so klein, mit schicken alten Möbeln, einem bequemen Sofa und einem modernen Bad. Es riecht etwas eigenartig, aber mir gefällt es.

Was mir als erstes auffällt, ist die Ruhe. Ich höre … nichts! Nur kurz vor den Gebets- und Essenszeiten, öffnet sich die eine oder andere Tür auf dem Flur und ich höre Schritte. Dann ist wieder alles still. – Das war ja auch der Plan, aber jetzt überrascht mich die Absolutheit der Stille doch irgendwie.

Ich packe aus. Meinen Schlafanzug habe ich vergessen und den Rasierer auch. Dafür sind all die Bücher da, die ich mitnehmen wollte. Damit fülle ich den großen Schreibtisch. Einiges ist auch als PDF auf dem iPad gespeichert. Fachliteratur, die sich schon lange stapelt, um gelesen zu werden, wenn dazu mal Zeit ist. Ein Heft zur Geistlichen Schriftlesung mit Jesus-Fragen. Ein Buch über Digital Detox. Der Band „Orden und Klöster. Das christliche Mönchtum in der Geschichte“ aus der Reihe Beck‘schen Reihe. Eine Biographie von Astrid Lindgren, die ich zum Geburtstag geschenkt bekommen habe. Und so weiter…

Ich setze mich an den Schreibtisch und beginne mit „Orden und Klöster“. Weit komme ich nicht. Längere Zeit am Stück zu lesen bin ich offenbar überhaupt nicht mehr gewohnt. Immer wieder greife ich reflexartig zum Handy. Da tut sich natürlich nichts, es gibt ja keinen Empfang. Also lege ich es erstmal wieder weg und versuche weiterzulesen. Ich muss gähnen. Müdigkeit versucht mich vom Lesen abzuhalten. Ich gebe ihr nach und erlaube mir einen Powernap und danach einen Kaffee. Mein alter Reisewasserkocher ist seit langer Zeit wieder im Einsatz. Ich hatte ihn mir damals gekauft, damit ich auch auf Klassen- und Kursfahrten  um halb fünf aufstehen und nach einem Kaffee an meiner Dissertation arbeiten kann. Was habe ich nur für verrückte Dinge getan?!

Dann zeigt mir der von mir artig gestellt Wecker an, dass es gleich Zeit für die Vesper in der Basilika ist. Überflüssig eigentlich, denn das Läuten ist nicht zu überhören. Das Abendgebet auf Latein enttäuscht mich irgendwie. Ich weiß nicht so genau warum. Vielleicht hatte ich mir vorgestellt mitbeten zu können, wo ich doch von mir denke, ein klein wenig Erfahrung mit dem Stundengebet zu haben. Doch das stellt sich als nicht wirklich machbar heraus. Die übrigen Gäste in der Basilika hören auch alle nur schweigend zu. Und das auch am Abend bei der Komplet, als die Texte auf Deutsch sind und gesprochen werden. Komisch.

Zum Abendessen werden die Gäste vom Prior kurz vor der Mahlzeit abgeholt und durch den Kreuzgang ins Refektorium, den Speisesaal, geführt.  Wir befinden uns jetzt innerhalb der Klausur, dem Bereich, zu dem nur die Mönche Zutritt haben. Der Tisch für die Gäste steht in der Mitte. Die Brüder sitzen außen herum an den Tischen. Das Essen beginnt mit einem Gebet. Während wir essen, liest einer der Mönche vor. Zunächst einen Bibeltext, dann ein paar Seiten aus einer Biographie. Das gefällt mir sehr. Vielleicht muss ich noch einmal überdenken, dass ich meinen Kindern immer sage, dass beim Essen kein Podcast gehört und kein YouTube geschaut wird.

Nach der Komplet ist im Kloster der Tag vorüber. Zurück auf meinem Zimmer bin ich wieder zurück in der Stille. Ich versuche mich seit langer Zeit mal wieder in der Meditation. In mir ist es bei Weitem nicht so still, wie um mich herum. Aber deshalb bin ich ja hier. 

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