Osternacht in der Evangelischen Kirchengemeinde Meiderich*
Am Feuer
(SF:) In diesem Jahr feiern wir in der Osternacht
einen besonderen Gottesdienst.
Im Dunkel der Nacht erwarten wir das Licht der Auferstehung,
das die Dunkelheit vertreibt und neue Hoffnung schenkt.
Wir beginnen hier am Osterfeuer vor der Kirche
und folgen dem Schein der Osterkerze erst in den Turm
und dann in die dunkle Kirche.
Wir hören auf die Botschaft der Bibel.
Wir singen von dem, was uns trägt.
Wir finden zusammen zu einer besonderen Gemeinschaft.
Wir teilen Brot und Saft beim Abendmahl.
Heute Nacht feiern wir das Geheimnis der Auferstehung.
Als der Sabbat vorbei war, kauften Maria aus Magdala,
Maria, die Mutter von Jakobus,
und Salome wohlriechende Öle.
Sie wollten die Totensalbung vornehmen.Ganz früh am ersten Wochentag kamen sie zum Grab.
Die Sonne ging gerade auf.Unterwegs fragten sie sich:
»Wer kann uns den Stein vom Grabeingang wegrollen?«
Doch als sie zum Grab aufblickten, sahen sie,
dass der große, schwere Stein schon weggerollt war.Sie gingen in die Grabkammer hinein.
Dort sahen sie einen jungen Mann.
Er saß auf der rechten Seite
und trug ein weißes Gewand.
Die Frauen erschraken sehr.Aber er sagte zu ihnen:
Ihr braucht nicht zu erschrecken!
Ihr sucht Jesus aus Nazaret, der gekreuzigt wurde.
Gott hat ihn von den Toten auferweckt,
er ist nicht hier.
Seht: Hier ist die Stelle, wo sie ihn hingelegt hatten.
Macht euch auf!Sagt seinen Jüngern, besonders Petrus:
Jesus geht euch nach Galiläa voraus.
Dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat.«Da flohen die Frauen aus dem Grab und liefen davon.
Sie zitterten vor Angst und sagten niemandem etwas,
so sehr fürchteten sie sich.(Markus 16,1–8)
Stille
Entzünden der Osterkerze
(SF:) Es ist etwas geschehen. – Vermutlich etwas Großes. – Etwas sehr Großes.
Allein zu sehen, ist davon noch nichts.
Wenn überhaupt etwas zu sehen ist und zu hören, dann von dem, was nicht mehr ist:
Der Stein vor dem Grab. – Er ist nicht mehr da.
Der Leichnam Jesu. – Er ist weg.
Die Stelle, wo er gelegen hat. – Sie ist leer.
Es musste etwas geschehen sein. – Vermutlich etwas Großes. – Etwas sehr Großes.
„Ihr braucht nicht zu erschrecken“,
hören die Frauen am Grab.
„Ihr sucht Jesus aus Nazareth, der gekreuzigt wurde.
Er ist nicht hier.
Gott hat ihn von den Toten auferweckt.
Macht euch auf!
Es musste etwas geschehen sein. – Vermutlich etwas Großes. – Etwas sehr Großes.
Das machte ihnen Angst. Sie liefen davon. Zitternd vor Angst und Entsetzen.
Und sagten niemandem etwas davon, so sehr fürchteten sie sich.
***
Und heute? –
Wie gut könnten wir das gebrauchen.
Dass etwas geschieht.
Etwas Großes, Weltbewegendes.
Wie gut könnten wir das gebrauchen….
Gegen die Unbarmherzigkeit und Ignoranz so mancher Machthaber.
Gegen die gnadenlose Spirale von Terror und Gewalt.
Gegen die Angst vor dem, was noch alles kommen kann.
Heute feiern wir die Osternacht:
Es ist etwas geschehen. – Etwas Großes. – Weltbewegendes.
Das Feuer brennt. Sein Schein erhellt das Dunkel der Nacht.
Schatten tanzen, Hitze breitet sich aus.
Die Flammen sind faszinierend und beängstigend zugleich.
Was sollen wir tun? –
Nähertreten oder davonlaufen?
Reden oder Schweigen?
Jubeln oder schreien?
***
„Macht euch auf!“, haben die Frauen am Grab gehört.
„Macht euch auf!“, hören wir auch heute.
„Ihr sucht Jesus aus Nazareth, der gekreuzigt wurde.
Er ist nicht hier.
Gott hat ihn von den Toten auferweckt.
Macht euch auf!
Lasst uns gehen.
Im Turm
Jubelt, ihr Himmel,
denn der HERR hat gehandelt!Jauchzet, ihr Abgründe der Erde!
Brecht in Freudengeschrei aus, ihr Berge,
ihr Wälder mit all euren Bäumen!Denn der HERR hat Jakob befreit.
An Israel hat er gezeigt, wie herrlich er ist.Gott bestimmt die Ereignisse der Geschichte.
(Jesaja 44,23)
Gesang: Jubelt und freut euch (Taizé-Gesang)
(SF:) Was sollen wir tun? –
Nähertreten oder davonlaufen?
Reden oder Schweigen?
Jubeln oder schreien?
Es ist entschieden: Jubel ist angesagt!
Und zwar in kosmischen Dimensionen.
Es jubeln die Himmel und die Abgründe der Erde.
Die Berge, Wälder und Bäume.
Und wir stimmen ein.
Der HERR hat gehandelt.
Damals in Ägypten.
Als er Israel aus der Gefangenschaft befreit hat.
Als er der Unbarmherzigkeit und Ignoranz der Machthaber entgegentrat
und sich unübersehbar auf die Seite der Unterdrückten gestellt hat.
Gott bestimmt die Ereignisse der Geschichte.
Damals in Jerusalem.
Als er Jesus von den Toten auferweckt hat.
Als er die gnadenlose Spirale von Terror und Gewalt durchbrach
und sich unübersehbar auf die Seite der Menschlichkeit gestellt hat.
Der HERR hat gehandelt. Gott bestimmt die Ereignisse der Geschichte.
Damals – heute – immer.
Deshalb sprechen Menschen seit fast 2000 Jahren folgende Worte,
wenn Sie die Osterkerze entzünden und ihr Licht weitergeben:
Jesus Christus,
gestern und heute,
Alpha und Omega.
Sein ist die Zeit und die Ewigkeit,
ein ist die Macht und die Herrlichkeit.
Entzünden der Kerzen der Besucher:innen
Christus spricht:
Ich bin das Licht der Welt.
Wer mir nachfolgt wird nicht wandeln in der Finsternis,
sondern das Licht des Lebens haben.
Tragen wir sein Licht in die Kirche!
In der Kirche
Am selben Tag waren zwei Jünger unterwegs
zu dem Dorf Emmaus.
Es lag gut zehn Kilometer von Jerusalem entfernt.
Sie unterhielten sich über alles,
was sie in den letzten Tagen erlebt hatten.
Während sie noch redeten und hin und her überlegten,
kam Jesus selbst dazu und ging mit ihnen.
Aber es war, als ob ihnen jemand die Augen zuhielt,
und sie erkannten ihn nicht.Er fragte sie:
»Worüber unterhaltet ihr euch auf eurem Weg?«Da blieben sie traurig stehen.
Einer von ihnen – er hieß Kleopas – antwortete:
»Du bist wohl der Einzige in Jerusalem, der nicht weiß,
was dort in diesen Tagen passiert ist?«
Jesus fragte sie: »Was denn?«Sie sagten zu ihm: »Das mit Jesus aus Nazaret!
Er war ein großer Prophet.
Das hat er durch sein Wirken und seine Worte
vor Gott und dem ganzen Volk gezeigt.
Unsere führenden Priester
und die anderen Mitglieder des jüdischen Rates
ließen ihn zum Tod verurteilen und kreuzigen.Wir hatten doch gehofft,
dass er der erwartete Retter Israels ist.
Aber nun ist es schon drei Tage her,
seit das alles geschehen ist.Und dann haben uns einige Frauen,
die zu uns gehören, in Aufregung versetzt:
Sie waren frühmorgens am Grab.
Aber sie konnten seinen Leichnam nicht finden.Sie kamen zurück und berichteten:
›Wir haben Engel gesehen.
Die haben uns gesagt, dass Jesus lebt!‹
Einige von uns sind sofort zum Grab gelaufen.
Sie fanden alles so vor, wie die Frauen gesagt haben –
aber Jesus selbst haben sie nicht gesehen.«Da sagte Jesus zu den beiden:
»Warum seid ihr so begriffsstutzig?
Warum fällt es euch so schwer zu glauben,
was die Propheten gesagt haben?
Musste der Christus das nicht alles erleiden,
um in die Herrlichkeit seines Reiches zu gelangen?«Und Jesus erklärte ihnen,
was in der Heiligen Schrift über ihn gesagt wurde –
angefangen bei Mose bis hin zu allen Propheten.(Lukas 24,13-27)
Gesang: Noch haben wir sie nicht geseh’n (MLB 202)
(DS:) Es ist etwas geschehen. – Vermutlich etwas Großes. – Etwas sehr Großes.
Allein zu sehen, war davon noch nichts.
Zumindest nicht für die beiden.
Sie hatten sich entschieden, wegzulaufen und nicht näher zu treten.
Trotz des Berichts der Frauen.
Es war doch versprochen worden – Gottes neue Welt.
Es war doch versprochen worden – Friede.
Es war doch versprochen worden – Licht.
Es war doch versprochen worden – Liebe.
Es war doch versprochen worden – Barmherzigkeit.
Jesus selbst hatte es doch versprochen.
Und jetzt – alles in Trümmern.
Die Machthaber hatten sich also doch durchgesetzt.
Zu begreifen war das nicht.
***
Um dieser Begriffsstutzigkeit auf die Sprünge helfen, muss erst einer dazukommen.
Einmal quer durch die Schrift die Notwendigkeit des Geschehenen verdeutlichen.
Das Große – es hat begonnen.
Und die Herrlichkeit leuchtet auf.
Und drängelt sich zwischen sie.
Sein Geist – mitten unter ihnen.
Mischt sich ein.
Trifft mitten ins Herz.
Und das fängt an zu brennen.
Gott handelt – Gott lenkt – die Liebe durchdringt alles.
Durch die tiefsten Tiefen hindurch baut sich Gottes neue Welt auf.
Versprechen gehalten – tritt näher und schau …
***
Und heute?
Gemeinsame Wege tun Not.
Damit sich Großes entfalten kann.
Dass es gesehen werden kann.
Dass es – wenigstens ein kleines bisschen – begriffen werden kann.
Dass es – welch eine Sehnsucht – weiter gehen kann ….
Dass Herzen brennen – weil so Großes geschehen ist.
Bei zweien, bei dreien, bei vielen.
Damals – und heute.
Die Jünger und Jesus erreichten das Dorf,
zu dem sie unterwegs waren.
Jesus tat so, als wollte er weiterziehen.
Da drängten sie ihn: »Bleib doch bei uns!
Es ist fast Abend, und der Tag geht zu Ende!«
Er ging mit ihnen ins Haus und blieb dort.(Lukas 24,28f)
(DS:) Bleibe doch bei uns!
Die Sehnsucht nach Nähe bricht sich Bahn.
Die Nähe zum Begleiter lässt es warm ums Herz werden.
Weil er in aller Herzenswärme die Schrift auslegt.
Ein Tag voller Frustration und Niedergeschlagenheit neigt sich dem Ende.
Aber diese bleiben nicht.
Nur einer soll bleiben.
Das ist ihr Abend.
Der Abend ihres Lebens.
Alles fügt sich zusammen.
Bekommt eine neue Dimension.
Stärker, als alles Bisherige.
Aus tiefstem Innern kommt das „Bleib doch!“
Aus tiefstem Innern kommt die Erkenntnis: „das ist etwas Großes geschehen!“
Aus tiefstem Innern keimt die Ahnung: „Versprechen eingehalten!“
Damals – heute – ewig.
Das will man festhalten.
Da will man einander festhalten.
Da darf in dieser Nacht keiner allein sein.
Das lässt zusammenrücken.
Am Tisch.
Hände reichen.
Zu jeder Zeit – damals in Emmaus – uns heute.
Zusammenkommen an den Tischen
Später ließ er sich mit ihnen zum Essen nieder.
Er nahm das Brot, dankte Gott,
brach das Brot in Stücke und gab es ihnen.Da fiel es ihnen wie Schuppen von den Augen,
und sie erkannten ihn.
Im selben Augenblick verschwand er vor ihnen.(Lukas 24,30f)
Wer niedergeschlagen ist, schlägt auch die Augen nieder.
Niedergeschlagene Augen können nicht klar sehen.
Geschweige denn – begreifen lassen.
Doch dann, ein Augenblick.
Eine Handbewegung.
Ein Dreh.
Ein Überreichen.
Ein Händereichen.
Und alles ist klar.
Blitzartige Erkenntnis.
Das bis hierhin Erlebte rauscht am inneren Auge vorbei.
Klarheit stellt sich ein.
Steigert den Wunsch nach mehr.
Mehr Nähe. Mehr Verweilen. Mehr Gespräch. Mehr Gemeinschaft.
Mehr Gerechtigkeit. Mehr Hoffnung. Mehr Licht. Mehr Liebe. Mehr …
Doch dieses „mehr“ müssen sie sich selber geben.
Er ist nicht mehr da. Nicht mehr greifbar.
Plötzlich gekommen – plötzlich verschwunden.
Und doch unglaublich nah.
Im Teilen von Erlebnissen.
Im Teilen von Erkenntnissen.
Im Teilen von Nähe.
Im Teilen von Brot.
Bis heute.
Hier und Jetzt …
Gesang: Wenn das Brot, das wir teilen (MLB 290)
Wenn wir Abendmahl feiern,
dann ist es nicht unser Tisch, an den wir dabei kommen.
Er gehört auch keiner Kirche,
weder der katholischen, noch der evangelischen, noch sonst irgendeiner,
sondern er gehört dem lebendigen Gott.
Er ist gedeckt für die, die ihn lieben
und für die, die seine Liebe suchen.
Es darf kommen, wer viel Glauben hat oder wenig,
wer hier schon oft gewesen ist, oder schon lange nicht mehr hier war.
Gottes Sohn selber lädt uns ein.
Er will, dass die, die ihn suchen,
ihm hier begegnen können in Brot und Kelch.
Einsetzungsworte
Vater Unser
Teilen von Brot und Kelch an den Tischen
Die Jünger sagten zueinander:
»Brannte unser Herz nicht vor Begeisterung,
als er unterwegs mit uns redete
und uns die Heilige Schrift erklärte?«Sofort brachen sie auf
und liefen nach Jerusalem zurück.
Dort fanden sie die elf Jünger beieinander,
zusammen mit allen anderen, die zu ihnen gehörten.(Lukas 24,32f)
Zusammenfinden in einem großen Kreis
Die Jünger riefen einander zu:
»Der Herr ist wirklich auferstanden!(Lukas 24,34a)
Glockengeläut
Gesang: Christ ist erstanden (MLB 412)
So geht durch die Nacht in den Ostermorgen
im Frieden des auferstandenen Herrn.Möge Gott die unstillbare Sehnsucht
ausgießen in eure Herzen.
Möge Gott euch den Mut zum Träumen geben
und die Kraft jeden Tag neu den Aufbruch zu wagen.
Möge Gott euch voranziehen und zugleich euer Schutz sein.
Möge er euch ein Leben in Fülle schenken,
so dass ihr schon heute das Lied seiner Erlösung singen könnt.
So segne und behüte euch der allmächtige und barmherzige Gott,
der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.
Amen.
Musik zum Hinausgehen
* Die Impulse stammen von Sascha Flüchter (SF) und Dirk Strerath (DS).
Kommentar verfassen