10-Minuten-Andacht in der Johanneskirche Düsseldorf am 16. März 2022

Einmal trieb Mose die Herde über die Steppe hinaus.
So kam er an den Berg Gottes, den Horeb.
Da erschien ihm ein Engel des Herrn:
Eine Flamme schlug aus einem Dornbusch. (…)
Da rief ihn Gott mitten aus dem Dornbusch:
»Mose, Mose!«
Er antwortete: »Hier bin ich!« (…)
Der Herr sprach: (…)
Sei gewiss:Die Klage der Israeliten ist zu mir gedrungen.
Ich habe auch gesehen, wie die Ägypter sie quälen.
Nun geh! Ich sende dich zum Pharao.
Du sollst mein Volk, die Israeliten,
aus Ägypten führen.« (…)
Mose antwortete Gott:
»Ich werde zu den Israeliten gehen und ihnen sagen:
›Der Gott eurer Väter schickt mich zu euch.‹
Was ist, wenn sie mich fragen: ›Wie heißt er?‹
Was soll ich ihnen dann sagen?«
Da sprach Gott zu Mose:
»›Ich werde sein, der ich sein werde.‹
Das sollst du den Israeliten sagen:
Der ›Ich-werde-da-sein‹ hat mich zu euch geschickt.«

(Ex 3,1–14 in Auswahl)

In letzter Zeit habe ich mich immer wieder dabei ertappt, dass ich die Luft angehalten habe. Vor Schreck über die Nachrichten aus dem Krieg in der Ukraine. Vor Entsetzen mit Blick auf das Leid der Menschen, die unter Beschuss stehen und nicht Fliehen können. Vor Angst vor dem, wie sich das Ganze entwickelt und was da noch kommt. Da habe ich die Luft angehalten. – Das Luftanhalten selber habe ich eigentlich gar nicht bemerkt. Sondern die Folgen. Durch das Luftanhalten bin ich nachher außer Atem. Ich atme schnell und hektisch. Das macht mir dann Angst und dadurch wird es noch schlimmer…

Vielleicht ist das dem Mose auch so gegangen, als der die Stimme Gottes aus dem brennenden Dornbusch gehört hat. Dass er die Luft angehalten hat. Vor Entsetzen über die Gewalt, der sein Volk in Ägypten ausgesetzt ist. Vor Schreck über die Aufgabe, die Gott ihm zugedacht hat. Vor Angst vor dem Auftrag, den er bekommen soll. Ich stelle mir vor, wie sein Atem schnell und hektisch geht, als er Gott nach dessen Namen fragt und dessen geheimnisvolle Antwort hört: JHWH.

Vier Buchstaben. Vieldeutig, schillernd, unaussprechlich. JHWH – mehr ein Hauch als ein Wort. Man kann es kaum sagen, aber man kann es atmen: Jah-weh, Jah-weh, Jah-weh… Ich stelle mir vor, wie Mose den Namen Gottes atmet. Wie sich der Name Gottes auf seinen Atem legt. Wie der Atem wieder zu fließen beginnt, die Angststarre sich löst. JHWH. Ich-werde-da-sein. Mose atmet wieder. Schöpft Kraft. Und Mut. Findet einen neuen, langen Atem für das, was vor ihm liegt. Für die Aufgaben, die ihm gestellt sind und denen er sich nun stellen kann.

Das wünsche ich uns auch: Den Namen Gottes auf unserem Atem. Kraft, Geduld und Zuversicht, bei dem, was in der Welt, um uns herum und in uns geschieht. Einen langen Atem, für das, was wir tun können. – JHWH. Ich-werde-da-sein. – Weiteratmen, durchhalten, weitermachen. In Gottes Namen.